Emblem
Als Emblem wird eine Kunstform bezeichnet, deren Ursprung auf die Humanisten der Renaissance zurückgeht. In diesen Werken, meist in Buchform veröffentlicht, waren Bilder und Texte auf besondere Weise miteinander verbunden - die drei Teile eines Emblems bezogen sich aufeinander und ermöglichten es, den verborgenen Sinn hinter dem oft rätselhaften ersten Eindruck zu erkennen. Das Substantiv „emblema" (ἔμβλημα) stand im Lateinischen und im Altgriechischen für verschiedene an- oder eingesetzte Teile – Mosaike und Intarsien, Metallverzierungen, später aber im übertragenen Sinn auch für entlehnte und an anderer Stelle eingefügte Bild- oder Textelemente. Embleme vermittelten in attraktiver, grafisch/literarischer Form Verhaltensnormen und Lebensweisheiten. Durch ihre weite Verbreitung hatten sie Auswirkungen auf viele Bereiche der europäischen Kultur. Als Blütezeit der Embleme gelten das 16. und 17. Jahrhundert.
Die dreiteilige Form
Das Lemma
(griech. λῆμμα, lat. vocalium signum oder inscriptio, ital. motto) war eine
kurze lateinische, seltener auch griechische Formulierung, die eine ethische
Forderung, eine Lebensregel oder einen Wahlspruch enthielt. Es sollte nicht
mehr als fünf Worte umfassen; gelegentlich genügte auch ein einziges Wort
als Hinweis auf den gedanklichen Kern des Emblems.
Das
Icon (griech. εἰκὠν, lat.
pictura) ist der bildliche Teil des Emblems, für den es weder inhaltlich
noch formal enge Grenzen gab. In Alciatos Erstausgabe von 1531 wurden
Holzschnitte unterschiedlicher Formate ohne besondere Seitengestaltung in
den Textfluss eingegliedert. Schon in den wenig späteren Auflagen, so in der
Ausgabe in Paris 1534, waren die Bildformate annähernd einheitlich geworden.
Zusammen mit Lemma und Epigramm nahmen sie in geschlossener typografischer
Gestaltung jeweils eine Buchseite ein, sodass die Einheit der dreiteiligen
Form des Emblems deutlich wurde. Zugleich näherte sich das künstlerische
Niveau der Icones der literarischen Qualität der Texte an. Gelehrte und
Poeten beschäftigten sich mit einer Theorie der Emblematik, es entstand eine
spezifische, zum Teil heftig polemische Literatur. Theoretiker der
Emblematik versuchten, die Entwicklung der Icones in bestimmte Richtungen zu
lenken. Sie forderten zum Beispiel, die vollständige menschliche Figur dürfe
nicht abgebildet werden; einzelne Körperteile dagegen sollten erlaubt sein.
Die akademischen Erörterungen, die solchen Forderungen zugrunde lagen,
blieben aber in der rasch fortschreitenden, praktischen Entwicklung der
Emblematik weitgehend wirkungslos.
Das
Epigramm (griech. ἐπἰγραμμα, auch lat.
subscriptio) als dritter Bestandteil eines Emblems hatte die Aufgabe, die
oft rätselhaft anmutende Kombination von Lemma und Icon zu erklären oder
doch zumindest die Lösung des Rätsels zu erleichtern. Diese zunächst nur
kommentierende, also gegenüber den beiden ersten Teilen untergeordnete Rolle
wurde aufgewertet durch die Anwendung der klassischen Sprachen Griechisch
und Latein in Formen der antiken Poesie. Hinzu kam, dass auch die
Lösungshinweise für die Rätsel noch kunstvoll verkleidet waren. Das Epigramm
war nach einer antiken Literaturgattung benannt, ohne dass deren Merkmale in
der Emblematik in allen Punkten übernommen wurden. Die Übereinstimmung
bestand in der Verwendung bestimmter in der Antike verwendeter Sprachformen
sowie in der Absicht, einen Gegenstand, einen Begriff oder die Eigenschaft
einer Person poetisch zu deuten. Erforderte die Deutung von Lemma und Icon
größere Anstrengungen, konnte ein Epigramm den Charakter eines umfangreichen
Kommentars annehmen und damit die ursprüngliche Ausgewogenheit des Emblems
sprengen. In der historischen Entwicklung wurden aus der kunstvoll
verschlüsselten Form der Deutung zunehmend einfachere, leichter
verständliche Unterweisungen. Oft verzichtete man dabei auf die poetische
Form, und statt Altgriechisch oder Latein wurden die verschiedenen
Landessprachen verwendet.
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Die hier beschriebene kunsthistorische Bedeutung der
Begriffe Emblem und Emblematik entspricht nicht genau den gegenwärtigen
Begriffsinhalten. Der aktuelle „Duden“ definiert Emblem als „Kennzeichen,
Hoheitszeichen; Sinnbild“ und Emblematik als „sinnbildliche Darstellung;
Emblemforschung“. Die heutige Wissenschaftsdisziplin Emblematik beschäftigt
sich nicht nur mit Emblemen, sondern auch mit verwandten, aber
eigenständigen Formen wie Imprese und Titulus, die sich sowohl formal, als
auch hinsichtlich ihrer Entstehung und Entwicklung von den ursprünglich
unbedingt dreiteiligen Emblemen unterschieden.