SYMBOLE ALS BEDEUTUNGSTRÄGER

 

aus: Herder - Lexikon der Symbole, Freiburg im Breisgau 1978

 

Einleitung

 

Jede Sprache fungiert als Träger und Vermittler von Bedeutungen. Wie jede Sprache lebt daher auch die Sprache der Symbole aus der Spannung zwischen Bezeichnendem und Bezeichnetem. Während jedoch sprachliche Einheiten wie z. B. das Wort dem jeweils gemeinten Gegenstand nur zugeordnet werden, bindet das Symbol Bezeichnendes und Bezeichnetes so eng wie nur möglich zusammen. Zeitweilig - vor allem im mythisch-magischen Weltbild - war diese Bindung so eng, dass sie oft fast einer Identität gleichkam. Zahlreiche, von uns nur noch als Symbole empfundene Bedeutungen waren daher ursprünglich direkt verstandene Aussagen über Realitäten; so war die Sonne nicht Symbol des göttlichen Lichtes, sondern selbst ein Gott, war die Schlange nicht Sinnbild des Bösen, sondern selbst böse, war die Farbe Rot nicht bloß Sinnbild des Lebens, sondern selbst Lebenskraft. Die Grenzen zwischen mythischem oder magischem Vorstellen und symbolischem Denken sind daher selten scharf zu ziehen.

 

Eine weitere Eigenart des Symbols als Bedeutungsträger ist seine stark ausgeprägte Mehrdeutigkeit, die oft so weit gehen kann, dass gerade gegensätzliche Bedeutungen in einem Symbol bzw. Sinnbild zusammenfallen. Während wir die Vieldeutigkeit gesprochener und geschriebener sprachlicher Zeichen auflösen oder mindern können durch Hinzufügen weiterer Zeichen und Beachten grammatischer Regeln, können wir die Mehrdeutigkeit eines Symbols jeweils nur sehr unvollständig oder vage in zusammenhängende Beschreibungen übersetzen: Die Fülle des symbolischen Bildes bleibt letzten Endes unübersetzbar, dem inneren Anschauen vorbehalten. Die beiden erwähnten Schwierigkeiten begegnen jedem, der sich mit Symbolen auseinandersetzt.

 


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