Das Zuschneiden der Zutaten

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Über das Schneiden und Tranchieren in der Chinesischen Küche sind schon viele große Worte gemacht worden. Nun aber das Zerschneiden mit Geheimnis zu umweben, würde sicherlich viele interessierte Menschen davon abschrecken, diesen eigentlich sehr einfachen und logischen Vorgang nachzuvollziehen.

 

Die Chinesische Küche hat es wahrhaftig nicht nötig, sich in mystischen Nebel zu hüllen.

 

Dennoch muß hier einiges über das Schneiden gesagt werden, denn es spielt in der Chinesischen Küche eine viel größere Rolle als in der westlichen. Ein großer Teil des Zerkleinerns von Nahrungsmitteln wird im Westen am Tisch besorgt, zum Beispiel das Aufschneiden des Bratens. Bei uns in China hingegen werden sämtliche Schneidearbeiten in der Küche erledigt. Das ist nötig, weil, wie bereits mehrfach erwähnt, die Chinesen mit Stäbchen essen und weil die häufigste Garmethode das sogenannte Pfannenrühren ist, wobei es unbedingt erforderlich ist, alle Zutaten vorher in kleine Stückchen zu zerteilen.

 

Man schneidet die Zutaten im allgemeinen in folgende Größen und Formen: in Stücke, Scheiben, Streifen, feine Schnitzel oder Spalten und Würfel. Ferner kann man sie grob- oder feinhacken.

 

Stücke sind kleine Rechtecke (in der Größe von Dominosteinen), Dreiecke (Wasserkastanien vergleichbar) und winzige Medaillons (Spare ribs z. B. werden in Stücke von etwa 2,5 cm Länge geschnitten).

 

Scheiben werden eingeteilt in Herbstblätter-Scheiben (sehr fein), Weidenblatt-Scheiben (schmal und länglich), längliche Plättchen, länglich-rechteckige Scheiben (etwa 7 cm lang und ziemlich dick) und hauchdünne Scheiben (letztere zum raschen Garen durch Eintauchen in kochende Brühe).

 

Streifen sind normalerweise streichholzgroß, manchmal auch bis zu doppelt so lang. Schnitzel (Spalten, Stifte) müssen wirklich hauchfein sein.

 

Würfel haben unterschiedliche Größe, von genauso bis etwa halb so groß wie ein Stück Zucker.

 

Grobgehacktes hat etwa die Größe von Reiskörnern.

 

Feingehacktes entspricht in der Konsistenz etwa dem, was nach dem Durchdrehen aus einem Fleischwolf (bei feiner Vorsatzscheibe) kommt. Wir Chinesen benutzen jedoch niemals einen solchen Wolf oder gar ein elektrisches Hackgerät, denn wir glauben, daß dadurch die Fasern zerquetscht werden und aller Saft verloren geht. Wir ziehen es vor, mit dem scharfen Küchenbeil regelrecht zu hacken!

 

Um richtig auf chinesische Art schneiden und hacken zu können, braucht man unbedingt ein Hackbrett aus Hartholz von mindestens 15 cm Dicke und etwa 35 cm Durchmesser. Das chinesische Küchenbeil ist geradezu rasiermesserscharf und erfordert eine solide Arbeitsunterlage.

 

Auch wenn man mit nur einem Küchenbeil alle anfallenden Schneidearbeiten in der Küche perfekt erledigen kann, verwenden die Chinesen doch drei verschiedene Messertypen: ein leichtes dünnes, ein schweres und ein Messer zum Aushacken der Knochen.

 

Mit dem dünnschneidigen Messer schneidet man in Scheiben, Streifen, Stifte und Würfel. Es wird am häufigsten benutzt.

 

Mit dem dicken schweren Messer hackt man grob oder fein. Bei diesem Messer benutzt man auch den Rücken und die flachen Seiten zum Klopfen, Flachhauen und Zerdrücken. Dafür ist es dank seines Gewichtes besonders gut geeignet.

 

Das »Knochenbeil« wird, wie der Name schon sagt, zum Knochendurchhacken gebraucht. Diese Arbeit ist in der Chinesischen Küche viel öfter notwendig als in der westlichen. Ganz gleich ob Hühnchen, Enten oder Spare ribs, die in 1,5 bis 3,5 cm lange Stücke zerteilt werden, es wird viele Male durch den Knochen gehackt, schon beim Zubereiten eines einzigen Gerichts.

 

Ein westliches Sprichwort lautet: »Je näher dem Knochen, desto süßer das Fleisch«, aber nur die Chinesen leben danach - sie essen Fleisch mit den Knochen.

 

Übrigens nimmt man das Knochenmesser auch zum

Ausbeinen, worin die Chinesen unbestrittene Meister sind.

 

All diese Messer — ob dünn, schwer oder für Knochen - haben die gleiche Form: Sie sehen aus wie ein rechteckiges Beil.

 

Natürlich benutzen die Chinesen diese Messer auch zum Einschneiden oder -kerben von Lebensmitteln. Das ist zum Beispiel nötig, wenn größere Stücke Fleisch oder Fisch gegart werden sollen, vor allem, wenn man sie pfannenrühren möchte, etwa Nieren und andere Innereien: dann erst können die Hitze und das heiße Öl die Stücke gleichmäßig durchdringen, und sie bekommen durch und durch die gleiche

Konsistenz. In diesem Fall ist es sehr wichtig, daß die Einschnitte genau gleich tief und in gleichen Abständen voneinander entfernt sind. Nur so kann die Hitze gleichmäßig wirken und das Fleisch saftig und zart erhalten.

 

Zum Schluß noch ein paar wichtige Hinweise: Es wird immer wieder über das Schneiden mit oder gegen die Faser gesprochen; wir Chinesen beachten die Regel, stets quer zur Faser zu schneiden, jedoch nur beim Rindfleisch.

 

Schweinefleisch, das etwa 60 Prozent aller chinesischen Fleischgerichte ausmacht, schneiden wir normalerweise längs der Faser, weil die Muskeln und Stränge im Schweinefleisch sehr viel schwächer und weicher sind als beim Rindfleisch; schnitte man es quer zur Faser, es zerfiele nach spätestens 30 bis 35 Minuten Schmoren in seine Bestandteile, und das Gericht bestünde nur noch aus allen möglichen Fasern und

Stücken.

 

Ähnliches gilt für Hühnerfleisch - es gibt eigentlich nie so große Stücke, die man quer zur Faser schneiden könnte.

 

Wenn man Fleisch vom Schwein oder Geflügel würfelt, muß man zwangsläufig mal mit, mal gegen die Faser schneiden. Da es jedoch stets mit kleingeschnittenem Gemüse zusammen zubereitet wird, kann die Garzeit nie länger dauern als 10 Minuten: Meist ist das Gericht in weniger als fünf Minuten fertig, so daß keine Gefahr besteht, daß das Fleisch zerfällt.

 

Als Regel kann man sich merken, daß Form und Zuschnitt aller Zutaten sich nach Form und Zuschnitt der Hauptzutaten richten. In Würfel geschnittenes Schweine- oder Geflügelfleisch wird stets mit gewürfeltem Gemüse zubereitet; in schmale Streifen geschnittenes Rindfleisch wird immer nur mit feinen Gemüsestreifen oder Sojabohnenkeimen angerichtet; und zu Nudeln gehören lange Fleisch- oder Gemüsestreifen.

 

Nur ganz selten serviert man unterschiedlich geschnittene Haupt- und Nebenzutaten miteinander - eine Ausnahme, die

die Regel bestätigt.

 

Die beschriebenen Schneideregeln werden eigentlich nur aufgehoben, wenn man mehrere Zutaten mit sehr unterschiedlichen Garzeiten zusammen verarbeiten will. In diesem Fall werden die Zutaten mit kurzen Garzeiten in dicke Stücke geschnitten, damit sie trotz langer Kochzeit gleichzeitig mit den anderen, extra fein geschnittenen Zutaten gar sind.

 

Wie Sie sehen, ist alles nur eine Frage der durchdachten Planung und der Harmonie.