Die Gewürze und Saucen

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Chinesische Gewürze und Saucen können je nach Verwendungszweck in Marinaden, Gewürzmischungen,

Würzsaucen, Salatsaucen und Tischwürzen in Form von Dips und Saucen unterteilt werden.

 

In einer chinesischen Restaurantküche sind die verschiedenen Zubereitungsaufgaben genau festgelegt und verteilt. Wenn auch die Hauptarbeit aller Vorbereitungen vom Sous-Chef (dem Assistenten des Küchenchefs) erledigt wird, so wacht doch der Küchenchef über alles: die Garvorgänge, die Hitzezufuhr und das Würzen und Abschmecken. Selbst wenn er seine Aufgaben mit Schwung und großer Geste erfüllt, wird er doch dem Würzen seine ganz besondere Aufmerksamkeit schenken und das rechte Maß finden.

 

Im Grunde sind die in der Chinesischen Küche verwendeten Gewürze denen der westlichen Küche gleich: hauptsächlich nimmt man Salz, Pfeffer, Essig, Senf und Chili (Chili fast immer noch als getrocknete Schoten oder Chili-Öl statt in Pulverform).

 

Ein wesentlicher Unterschied: in der Chinesischen Küche wird großzügig mit Zucker hantiert!

 

Des weiteren wird - abweichend von westlichen Kochgebräuchen - in der Chinesischen Küche viel mit

Sojabohnen und zahllosen daraus hergestellten Produkten gearbeitet. Eines der — mittlerweile auch im Westen — bekanntesten Erzeugnisse ist die Sojasauce, die in der Farbe von hell bis dunkel variiert und in der Konsistenz von leicht bis schwerflüssig.

 

Dann gibt es noch Würzpasten aus fermentierten eingesalzenen schwarzen Bohnen, Sojabohnenpaste (sie wird aus zerdrückten braunen Sojabohnen hergestellt, die mit Salz, Zucker, Knoblauch und Sojasauce zu einem cremigen Brei gerührt werden) und Sojabohnenquark (oder -käse).

 

Wenn man unterschiedliche Mengen dieser Bohnenprodukte mit entsprechenden Mengen Wein, Zucker und Glutamat vermischt, entsteht eine Würzsauce, die nahezu jedem Gericht ein unvergleichliches Aroma verleiht.

 

Ich nenne diese Mischung deshalb auch gern das Schießpulver der Chinesischen Küche.

 

Ein bedeutender französischer Impfarzt fand heraus, daß Sojabohnen einen Stoff enthalten, der den Menschen besonders empfänglich für kulinarische Reize macht. Er meint, wir Chinesen hätten da zufällig etwas entdeckt, das unbedingt weiter erforscht und ausgenützt werden müsse.

 

Aber was immer auch in Sojabohnen stecken mag — wir haben es sicherlich längst erforscht und uns zu Nutze gemacht. Doch ist die Nutzung der Sojabohne und der daraus hergestellten Produkte wohl der wesentlichste Unterschied zwischen Chinesischer und westlicher Küche.

 

Neben Sojabohnen verwenden wir in der Chinesischen Küche auch noch Austern- und Fischsauce sowie die bereits erwähnte rote Weinsatzpaste (die es in verschiedenen Farben gibt). Außerdem gehören Sesamöl und Sesampaste zu unserem Würzsortiment, die beide den Speisen einen erdhaften, vollen Geschmack verleihen.

 

Sesampaste kennt man übrigens auch in der Küche des Mittleren Ostens, was lange Zeit von den Franzosen gar nicht beachtet wurde.

 

Und als letztes sind noch die Würzsaucen auf Fruchtbasis zu erwähnen, zum Beispiel die Pflaumensauce und die Hoisin-Sauce.

 

Außer der Fischsauce, der Weinsatzpaste und den fermentierten schwarzen Sojabohnen, die man ausschließlich während des Kochens zufügen darf, kann man alle anderen Gewürze und Würzsaucen zum Schluß an die Speisen geben, sie für Marinaden verwenden oder als Dips und Saucen auf den Tisch stellen.

 

Die folgenden Saucen finden in der Chinesischen Küche am häufigsten Verwendung; natürlich sind hier nicht solche angeführt, die während des Kochens von selbst entstehen oder die extra für ein ganz bestimmtes Gericht angerührt werden.

 

 

Die Saucen

 

Alles in allem versuchen wir Chinesen gar nicht erst, die Saucenkunst der Franzosen in Frage zu stellen: bei uns gibt es da keine Geheimnisse.

 

Normalerweise entstehen in der Chinesischen Küche die Saucen während des Garprozesses, indem man das Kochgut mit Brühe (Hühner-, Knochen- oder Fleischbrühe) ablöscht; meist geschieht das in der letzten Garphase. Gleichzeitig fügt man dem Gericht die Gewürze, die Stärkemittel zum Binden (Maisstärke oder Wasserkastanienmehl) oder auch etwas Wein hinzu.

 

Ein chinesischer Koch bereitet seine Sauce zu, ohne überhaupt einen Gedanken daran zu verschwenden. Für ihn ist sie nur ein winziges Rädchen im großen Getriebe des Kochens. Er glaubt, daß einer, der die Kunst des Schneidens, des Bemessens der Zutaten und Gewürze und der Hitzekontrolle beherrscht, auch in der Lage ist, eine Sauce herzustellen, die ja schließlich nur einen kleinen Teil des großen Ganzen darstellt.

 

Saucen gehören weniger zu ohnehin suppen- oder eintopfartigen Gerichten wie Schmortöpfen oder Gedämpftem und lange Geköcheltem, sondern hauptsächlich zu einfach gegarten, ausgebackenen oder pfannengerührten Speisen und zu Reis- oder Nudelgerichten, die zusätzliche Geschmackskomponenten brauchen.

 

Da jedoch in der Chinesischen Küche viel häufiger pfannengerührt als auf andere Weise gegart wird, spielen

Saucen bei dieser Garmethode eine große Rolle. Unzählige (vielleicht Hunderte) entstehen im Lauf der Zeit beim chinesischen Kochen, aber sie hängen so eng mit den verwendeten Zutaten zusammen, daß sie keinen besonderen Namen haben - man schenkt ihnen keine besondere Aufmerksamkeit. Sie sind so sehr Teil des gesamten Gerichts, daß man ihnen Eigenständigkeit absprechen muß.

 

Und deshalb haben wir Chinesen viel weniger Probleme mit Saucen als die Franzosen. Wahrscheinlich gibt es in unserer Küche genauso viele verschiedene Saucen wie in der französischen (höchstwahrscheinlich sogar noch mehr). Bei uns gilt eben noch das alte Sprichwort: »Wir haben es, aber wir reden nicht darüber.«

 

Auf einem Gebiet jedoch sind uns die Franzosen überlegen: sie kennen sehr viel mehr kalte Saucen - Mayonnaisen, Vinaigrettes und Salatsaucen. Das liegt wohl daran, daß es bei uns kaum kalte Gerichte gibt. Wir haben eine panische Angst davor, uns unseren Magen zu verkühlen!

 

Auch wenn wir beide, Chinesen wie Franzosen, als Ausgangsprodukt stets eine gute Brühe verwenden, gibt

es doch einen grundlegenden Unterschied beim Saucenmachen: Wir Chinesen legen Wert darauf, kontrastierende Zutaten zu verwenden, wenn wir für ein bestimmtes Gericht die Sauce bereiten. Niemals würde ein Chinese auf die Idee kommen, ein Fischgericht mit Fischsauce zu vollenden — dies würde den Fisch nur »fischiger« machen. Wir nähmen in diesem Fall eine Eier-, Geflügel- oder gar Fleischsauce, die wir mit Zwiebeln, Ingwer, Knoblauch, Chili, Zucker, Wein und eingesalzenen oder eingelegten Würzzutaten anreichern würden. Hier wird wieder das Konzept der Chinesen klar, durch Kontraste eine besondere Wirkung zu erzielen.

 

Nach dem gleichen Prinzip werden Saucen für Fleischgerichte aus fermentierter Bohnenpaste, Bohnenquark, feingehacktem eingesalzenem Gemüse, Weinsatzpaste, Essig, Obstsäften, kleingeschnittenem Gemüse und eigentlich immer etwas Zucker hergestellt.

 

Zusätzlich aromatisieren wir noch mit grobgemahlenem Reis

(goldbraun geröstet), Sesamsamen, Scsamöl und Sesampaste.

 

Ein rascher Überblick über die kulinarische Landschaft Chinas zeigt, daß das übliche Durcheinanderkochen unterschiedlicher Zutaten meistens die »natürliche« Saucenbildung bewirkt und das Herstellen einer zusätzlichen Sauce überflüssig macht.

 

Mit Wein, Essig und Ingwer verfeinerte natürliche Saucen kontrastieren und harmonieren gut mit Fisch, und solche mit der pikanten Würze von fermentierten Bohnen oder eingelegten Zutaten geben Fleischgerichten das feinste Aroma.

 

In der Hauptsache bestehen chinesische Saucen aus den natürlichen Säften der Zutaten, die beim Kochvorgang austreten, und etwas Brühe, Gewürzen und anderen Würzzutaten.

 

Aber wir kennen auch Saucen, die speziell für bestimmte Gerichte angerührt werden, meist für einfach gekochtes Fleisch oder Geflügel, für Ausgebackenes, für Eier- oder Fu- Yung-Gerichte und für einige Fischgerichte, bei denen es auf eine kontrastierende Garnitur ankommt.

 

Natürlich passen diese Saucen am allerbesten zu neutral gekochten Reis- oder Nudelgerichten, vor allem zu Nudeln, die man in China hauptsächlich in vier Formen serviert: gebraten, in Brühe, mit gehackten Schalotten, Knoblauch, Bohnenpaste und Sesamöl (beziehungsweise Sesampaste) oder mit einer Sauce.

 

Aber gemäß der chinesischen Tradition haben wir ungezählte Möglichkeiten, unsere Saucen durch Mischen - natürliche mit natürlichen Saucen, natürliche mit speziell hergestellten Saucen usw. - unendlich zu variieren und zu aromatisieren.

 

Chinesische Saucen haben den Charakter von würzigen Cocktails: Wie viele Türen zur Saucenküche tun sich da auf!